Corporate Layer 2s (L2s) auf Ethereum sind beliebt und äußerst profitabel. Die Blockchain Base, hinter der das Unternehmen Coinbase steht, ist bislang ein großer Erfolg. Dass bald andere Unternehmen mit ihrer eigenen Blockchain nachziehen werden ist wahrscheinlich.
Aber was bedeutet diese Entwicklung für Ethereum? Ethereum könnte von dem Erfolg der Corporate Layer 2s profitieren, indem die Nachfrage nach seiner Sicherheit und Dezentralität steigt – die Bedeutung des Netzwerks könnte aber auch sinken, wenn ein Großteil der Aktivität auf Layer 2s verlagert wird.
In diesem Beitrag werden wir das Phänomen Corporate L2s und ihre potenziellen Auswirkungen auf Ethereum als L1-Blockchain untersuchen und analysieren, ob Corporate L2s ein zukünftiges Geschäftsmodell für traditionelle Banken sein könnte.
Was bringen sekundäre Blockchains?
Ethereum hat sich in den letzten Jahren als führende Plattform für dezentrale Anwendungen (dApps) und Smart Contracts etabliert. Doch mit dem rasanten Wachstum des Ökosystems ist die Blockchain auch auf viele Herausforderungen gestoßen. Beispielsweise haben hohe Benutzungskosten von teils mehr als 100 US-Dollar pro Transaktion, die Blockchain für Normalanwender zeitweise quasi unbenutzbar gemacht.
Als Antwort auf diese Skalierungsprobleme haben sich Layer 2 Lösungen (z.B. Linea, Arbitrum, Optimism, Base etc.) entwickelt, die auf Ethereum aufbauen und dessen Sicherheit und Dezentralisierung nutzen, während sie wesentlich schneller sind und deutlich geringere Transaktionskosten haben.
Layer-2s sind off-chain Netzwerke, Systeme oder Technologien, die auf einer Layer 1 Blockchain aufgebaut sind, um deren Fähigkeiten zu erweitern. Sie erben die Sicherheit der zugrunde liegenden Blockchain, während sie gleichzeitig den Transaktionsdurchsatz erhöhen und Gebühren reduzieren, ohne dabei Kompromisse bei der Dezentralisierung einzugehen. Layer-2s auf Ethereum gelten als sehr sicher und sind mit der Ethereum Virtual Machine (EVM) kompatibel, was die Migration bestehender Smart Contracts erleichtert. So können dApps auf Ethereum wie z.B. Uniswap, mit wenig Aufwand auf eine EVM kompatible Layer 2 Blockchain migriert werden.
Was sind Corporate Layer 2s?
Bei einer Corporate Layer 2 steht hinter so einer L2 Blockchain ein großes Unternehmen wie z.B. Coinbase. Mit ihrer Corporate Blockchain „Base“ hat Coinbase eindrucksvoll gezeigt, dass man mit Layer 2s viel Geld verdienen kann. In 90 Tagen, von März bis Mai 2024, hat Base fast 40 Millionen US-Dollar an Gewinn erzielt und ist damit das profitabelste Rollup auf Ethereum.
Die Einnahmen einer Layer 2 kommen zu einem Großteil von Transaktionsgebühren (txn fees), die jedes Mal anfallen, wenn ein Nutzer eine Transaktion auf der L2 durchführt. Die Höhe der Einnahmen hängt von Faktoren wie der Nutzung und der Datenmenge (Calldata) ab. Dem gegenüber stehen Ausgaben die L2-Betreiber haben, darunter Kosten für die Speicherung von Daten auf der Ethereum-Hauptchain (L1 data), Kosten für die Speicherung von Rollup-Daten außerhalb der Ethereum-Hauptchain (Blob data) und Kosten für den Betrieb und die Wartung der L2-Infrastruktur.
Die hohe Profitabilität von Corporate Layer 2s
Die hohe Profitabilität von Corporate L2s ist ein bemerkenswerter Aspekt. Dass Base allein in den ersten 90 Tagen seines Bestehens so nennenswerte Einnahmen erwirtschaften konnte, ist beeindruckend. Es zeigt das enorme Potenzial, das Layer 2 Blockchains von etablierten Unternehmen haben, die eine große Nutzerbasis und umfangreiche Ressourcen mitbringen.
Der Erfolg von Base ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen:
- Niedrigere Transaktionsgebühren: Durch die Verarbeitung von Transaktionen off-chain und deren spätere Bestätigung auf dem Ethereum-Mainnet, können L2s die Transaktionskosten erheblich senken. Dies macht sie attraktiv für eine breite Palette von Anwendungen, wie DeFi-Protokollen oder NFT-Marktplätzen.
- Skalierbarkeit: L2s erhöhen die Transaktionskapazität erheblich, was zu einer besseren Benutzererfahrung und damit einer höheren Akzeptanz führt. Base beispielsweise nutzt Optimistic Rollups, um Transaktionen zu bündeln und off-chain zu verarbeiten, bevor sie auf dem Ethereum-Mainnet bestätigt werden. Das macht es schnell und günstig.
- Unterstützung durch große Unternehmen: Die Unterstützung durch etablierte Unternehmen wie Coinbase bietet zusätzliche Sicherheit und schafft Vertrauen. Dies zieht nicht nur namhafte Entwickler an, sondern auch institutionelle Investoren, die in die Infrastruktur und die darauf aufbauenden Anwendungen investieren.
Auswirkungen auf Ethereum als L1-Blockchain
Andere Unternehmen könnten dem Ruf des Geldes folgen und ihre eigenen Corporate L2s auf Ethereum starten und die Blockchain damit noch stärker in ein mehrschichtiges Ökosystem verwandeln, in dem Layer 2s die Hauptlast des Transaktionsvolumens tragen, während Ethereum als Sicherheitsanker und Basisinfrastruktur dient.
Absehbare Auswirkungen auf Ethereum als L1-Blockchain:
- Stärkung von Ethereum als Settlementschicht: Mit der zunehmenden Verlagerung von Transaktionen und Anwendungsfällen auf L2s kristallisiert sich die Rolle von Ethereum als fundamentale Settlementschicht heraus. Während L2s die Skalierbarkeit und Benutzerfreundlichkeit verbessern, bleibt Ethereum die unverzichtbare Basis für Sicherheit, Dezentralität und Finalität.
- Entlastung des Ethereum-Mainnets: Durch die Verlagerung eines Großteils der Transaktionen auf L2s wird das Ethereum-Mainnet entlastet. Dies führt potenziell zu niedrigeren Gebühren und schnelleren Transaktionszeiten auf der Layer 1. Somit verbessert sich die Benutzererfahrung und Zugänglichkeit von Ethereum insgesamt, was die breitere Akzeptanz und Nutzung der Plattform fördert.
- Innovationsförderung auf Ethereum: Die Flexibilität und Skalierbarkeit von L2s ermöglicht es Entwicklern, neue und innovative Anwendungen zu erstellen, die auf dem Ethereum-Mainnet aufgrund von Kosten und Geschwindigkeit nicht realisierbar wären. Corporate L2s könnten eine Welle von neuen dApps, DeFi-Diensten und Unternehmensanwendungen auf Basis von Ethereum auslösen und somit das Ökosystem erheblich erweitern und stärken.
Zukünftiges Geschäftsmodell für Banken?
Corporate Layer 2s könnten auch für traditionelle Finanzinstitute wie Banken ein äußerst interessantes Geschäftsmodell darstellen. Für Banken wäre eine eigene L2 eine gute Möglichkeit, neue innovative Finanzprodukte und Dienstleistungen auf der Blockchain anzubieten, und gleichzeitig an den Transaktionskosten zu verdienen. Durch die Implementierung von Corporate L2s könnten Banken außerdem tokenisierte Wertpapiere und andere digitale Vermögenswerte effizienter und sicherer abwickeln. Zudem könnten Banken durch die Nutzung von L2s die Notwendigkeit von Clearingstellen reduzieren, was die Abwicklungsprozesse weiter beschleunigt und Kosten spart.
Dabei würden Banken von der erhöhten Sicherheit und Dezentralisierung profitieren, die durch die zugrunde liegende Layer-1-Blockchain gewährleistet wird. Dies würde das Vertrauen der Kunden in die neuen digitalen Dienstleistungen stärken und die Banken als innovative und zukunftsorientierte Finanzdienstleister positionieren. Schließlich könnten Banken durch die Einführung von Corporate L2s ihre Rolle als Intermediäre in einem zunehmend digitalen Finanzökosystem festigen und ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber neuen Fintech-Unternehmen und dezentralen Finanzplattformen (DeFi) stärken.
Fazit
Corporate Layer 2s ermöglichen es etablierten Unternehmen, die Vorteile der Blockchain-Technologie zu nutzen und gleichzeitig von ihrer bestehenden Nutzerbasis und Infrastruktur zu profitieren. Die hohe Profitabilität dieser L2s wird voraussichtlich zu einem verstärkten Wettbewerb und einer schnelleren Einführung von Blockchain-Lösungen in verschiedenen Branchen führen.
Auch wenn ein Großteil der Aktivität auf L2s verlagert wird, wird Ethereum höchstwahrscheinlich enorm von dem Wachstum der L2 Ökosysteme profitieren. Denn letztendlich basieren alle L2 Transaktionen auf der Sicherheit und Dezentralität von Ethereum. Je mehr L2s es gibt und je mehr Transaktionen auf ihnen abgewickelt werden, desto größer wird die Nachfrage nach der Sicherheit, die Ethereum bietet. Ethereum ist das Fundament, auf dem eine Vielzahl von skalierbaren L2 Lösungen aufbauen.
Die Zukunft von Ethereum sieht rosig aus – nicht trotz, sondern gerade wegen des Erfolgs von Corporate Layer 2s wie Base. Allerdings besteht das Risiko einer zunehmenden Zentralisierung, da Corporate L2s von großen Unternehmen wie Coinbase kontrolliert und betrieben werden. Dies könnte langfristig die Dezentralität und Neutralität des Ethereum-Ökosystems beeinträchtigen.