Fernidentifikation bei Banken ist schon seit 2014 ein großes Thema. Allen voran die SWK Bank setzt auf die Videolegitimation. Andere Banken sollten in den kommenden Jahren im Rahmen ihre jeweiligen Digitalisierungsbemühungen folgen. Einige Filialbanken gingen sogar so weit, nur noch die Videolegitimation anzubieten. Eine Legitimation in den eigenen Geschäftsstellen war nicht mehr in den Antragsstrecken erreichbar. Das muss eine fehlgeleitete Sicht auf Digitalisierung sein, wenn differenzierende Assets wie Filialen bewusst zurückgehalten werden und gleichzeitig ein Mangel an Kundenkontakten in den Geschäftsstellen beklagt wird.
Ich bin zugebenermaßen kein großer Freund der Videoidentifikation, kann sie aber als Brückentechnologie akzeptieren. Die Videolegitimation ist schließlich immer noch komfortabler als das klassische Postident oder eine Legitimation in der Geschäftsstelle einer Bank.
Die Videolegitimation kann nur eine Brückentechnologie sein, da sie nicht digital ist. Es ist immer noch eine Mitarbeiterin, ein Mitarbeiter beim Videoident-Anbieter erforderlich. Zudem stellt die Erreichbarkeit (gerade) in Stoßzeiten nach wie vor ein Problem dar, Wartezeiten sind nicht selten. Und ob man eine Fremde, einen Fremden per Video in das private Umfeld, die Wohnung, das Haus schauen lassen möchte, kann jeder für sich entscheiden.
Marktüberblick Identverfahren
Videoident:
- Wird inzwischen von 90% der betrachteten Geschäftsbanken angeboten, im Vorjahr waren es 80%, was einem Anstieg um 12,5% entspricht
- Direktbanken verharren wie im Vorjahr bei 86%
- Bei Neobanken bieten nur noch 80% (-20% gegenüber Vorjahr) Videoident an
Postident:
- Wird inzwischen von 70% der betrachteten Geschäftsbanken angeboten, im Vorjahr waren es 50%, was einem Anstieg um 40% entspricht
- Bei Direktbanken steigt der Anteil um 145% gegenüber Vorjahr auf 71% (2021: 29%)
- Bei Neobanken sinkt der Anteil um knapp 40% auf 20% (2021: 33%)
Alternative Verfahren:
- 20% der Geschäftsbanken bieten Alternativen zu Video- und Postident an, das entspricht einer Verdoppelung gegenüber Vorjahr
- Bei Direktbanken hat sich der Anteil gegenüber Vorjahr etwas mehr als verdoppelt auf 29% in 2022 (2021: 14%)
- Bei Neobanken nutzen inzwischen auch schon 20% alternative Verfahren, während in 2021 noch ausschließlich auf Video- und Postident gesetzt wurde
Fernidentifikation bei Banken – Ausblick
Die These, dass alternative Verfahren Videoident schrittweise ablösen, ist meiner Ansicht nach zulässig. Nicht nur Neobanken, auch Direkt- und Geschäftsbanken setzen auf alternative Verfahren, vor allem auf die e-ID Funktion des neuen Personalausweises.
Einzig in der Konsequenz der Umstellung unterscheiden sich Neo-, Direkt- und Geschäftsbanken. Während Direkt- und Geschäftsbanken alternative Verfahren ergänzend zu Video- und Postident einsetzen, trauen sich Neobanken, Videoident konsequent durch alternative Verfahren zu ersetzen und so die Prozesskosten niedrig und die Prozesse schlank zu halten.
Ist das bereits der Abgesang auf das Videoident-Verfahren? Vermutlich eher nicht, Videoident wird ein etabliertes Identverfahren neben anderen bleiben, die Legitimation in der Geschäftsstelle ist schließlich bisher auch nicht ganz verschwunden. Die Banken werden in Zukunft orientiert am eigenen Geschäftsmodell und ihren Zielkunden zwischen mehreren Verfahren wählen können.