Fintech Disruption 2024: Drei aktuelle Betrachtungen.

Fintech vs. Banken
Nach den letzten schwierigen Jahren, scheint 2024 das Jahr zu sein, in dem Fintech wieder zu alter Stärke zurückkehrt. Neobanken wie Bunq und Revolut oder Neobroker wie Trade Republik haben es gut durch die Krise geschafft. Im folgenden werden drei Faktoren betrachtet, die auch für einen nachhaltigen Erfolg sprechen.

Executive Summary:

Der Wertpapiermarkt privater Haushalte in Deutschland verzeichnet seit 2013 einen kontinuierlichen Aufschwung, der durch die Covid-19 Pandemie zusätzlich angeheizt wurde. Während die Anzahl der meldepflichtigen Depots um rund 30% gestiegen ist, profitieren nicht alle Finanzinstitute gleichermaßen von diesem Trend. Insbesondere Sparkassen und Kreditgenossenschaften verzeichnen rückläufige Zahlen, während Kapitalanlagegesellschaften und Banken stark zulegen. Die vermehrte Nutzung von Sparplänen, insbesondere ETF-Sparplänen, trägt zum Anstieg des Wertpapiervermögens bei.

Neobanken wie Bunq und Neobroker wie Trade Republic zeigen sich als starke Akteure auf dem Markt, mit steigender Nutzerzahl und zunehmender Profitabilität. Sie erschließen neue Märkte und setzen traditionellen Banken damit stark zu, die Schwierigkeiten haben, ihr Geschäftsmodell anzupassen und junge Kunden zu erreichen. Insbesondere die jüngere Altersgruppe und Frauen sind bei Neobanken gut vertreten, was traditionelle Banken vor Herausforderungen stellt, die sie mit innovativen Ansätzen angehen müssen.

Wertpapiere: Ein missachteter Kundenmagnet.

Der anhaltende Auftrieb des Wertpapierhandels in Deutschland, befeuert insbesondere durch die Covid-19 Pandemie, ist nicht zu stoppen. Die Anzahl an meldepflichtigen Depots privater Haushalte ist seit 2013 um rund 30% gestiegen.

Ein Detailblick auf die unterschiedlichen Institute zeigt, dass nicht alle gleichermaßen vom Trend profitieren – im Gegenteil. Nahm die Menge der Kundendepots im Schnitt bei allen meldepflichtigen Instituten zwar um 30% zu, so nahmen die Kundendepots bei Sparkassen um fast 17% ab. Noch deutlicher schrumpfte die Anzahl an Wertpapierdepots bei Kreditgenossenschaften, hier gibt es rund 27 % weniger Kundendepots also noch im Jahr 2013. Auch ist der „Trade Republic Effekt“ deutlich sichtbar: TR wird seit Dez 2023 als Vollbank geführt, wodurch sich der Abfall bei der Gruppe „Kapitalanlagegesellschaften, Wertpapierhandelsbanken und sonstigen Kreditinstituten“ auf der einen Seite und andererseits das starke Wachstum in der Gruppe „Banken (MFIs) (ohne Bundesbank)“ von 2023 zu 2024 erklären lässt.

Anzahl Kundendepots privater Haushalte von 2013 bis 2024 in Deutschland. Kapitalanlagegesellschaften, Wertpapierhandelsbanken, Sonstige Kreditinstitute & Banken & Sparkassen & Kreditgenossenschaften & Alle meldepflichtigen Institute. Quelle: Bundesbank. digit.cologne

 

 

Der Bestand aller Wertpapiere zum Kurswert legte im selben Zeitraum, also von 2013 bis 2024 sogar um mehr als 121% zu. Das Wertpapiervermögen privater Haushalte in Deutschland lag damit zuletzt im Januar 2024 bei über 1.700 Milliarden EUR. Aber auch hier bleiben Sparkassen mit lediglich +72 % und Kreditgenossenschaften +65 % hinter dem Trend zurück. Den größten Zuwachs verzeichnen die Depots bei Kapitalanlagegesellschaften +164% und Banken +118%.

Das Wachstum des Wertpapierbestands privater Haushalte in Deutschland von 2013-2024. Kapitalanlagegesellschaften, Wertpapierhandelsbanken, Sonstige Kreditinstitute & Banken & Sparkassen & Kreditgenossenschaften & Alle meldepflichtigen Institute. Quelle: Bundesbank. digit.cologne

 

Seit dem Aufkommen von Sparplänen nehmen die Anteile privater Haushalte an Investmentfonds stark zu. Insbesondere ETF- Sparpläne werden zum langfristigen Vermögensaufbau und zur Altersvorsorge immer beliebter. Neobanken und -broker treiben diesen Trend indem sie teilweise vollständig auf Transaktionskosten bei Sparplanausführungen verzichten. Die Zunahme der Anteile von Investmentfonds nimmt bei Kapitalanlagegesellschaften mit +188 % gegenüber 2013 stärker zu als beim Durchschnitt (+ 138%). Lediglich bei Kreditgenossenschaften wuchsen die Anteile an Investmentfonds unterdurchschnittlich um lediglich + 161%.  Ob das an einer anderen Kundenstruktur, einer unterschiedlichen Beratungsstrategie oder einer Auslagerung von Depots liegt, lässt sich nicht vollendes sagen. Es ziegt jedoch, dass das barrierefreie Angebot von Wertpapieren von Fintech als Kundenmagnet funktionieren kann und ein wichtiger zusätzlicher Revenuestream darstellt.

Anteile an Investmentfonds privater Haushalte von 2013 bis 2024 in Deutschland. Kapitalanlagegesellschaften, Wertpapierhandelsbanken, Sonstige Kreditinstitute & Banken & Sparkassen & Kreditgenossenschaften & Alle meldepflichtigen Institute. Quelle: Bundesbank. digit.cologne

 

Profitabilität: Das propagierte Fintech-Sterben bleibt aus.

Bunq ist Anfang 2023 die erste europäische Neobank die positive Quartalszahlen liefert und schaffte es bis Ende 2023 auf 53,1 Millionen EUR Nettogewinn und das mit gerade einmal 11 Millionen Nutzern. Auch der Neobroker Trade Republic hat es ebenfalls 2023 nach gerade einmal fünf Jahren seit Launch mit lediglich 4 Millionen Nutzern geschafft, profitabel zu werden. Der Platzhirsch Revolut hat bereits über eine Millionen Nutzer in Deutschland und mehr als 40 Millionen Nutzer weltweit, von denen über eine halbe Million lukrative Geschäftskunden sind. Allein im vierten Quartal 2023 erzielte Revolut mehr als eine halbe Million in Provisionsüberschüssen.

Neobanken weiterhin auf Wachstumskurs:

Gleichzeitig erschließen Neobanken immer mehr Märkte. Revolut ist mittlerweile in über 50 Ländern, Bunq in der gesamten EU mit der Absicht in den US-Markt einzutreten und die Neobroker FlatexDegiro und Trade Republic sind bereits in 16 bzw. 17 Ländern aktiv. Traditionellen Banken stehen solchen Wachstumschancen ohne ein strategisches Umdenken nicht offen, man setzt auf organisches Wachstum oder sucht verzweifelt nach neuen oder effizienteren Möglichkeiten Provisionsumsätze zu generieren. Gleichzeitig werden Einlagenüberschüsse vereinnahmt, anstatt sie an ihre Kunden weiterzugeben. Eine nicht nachhaltige Strategie, da Kunden ihre Assets mittlerweile auf Knopfdruck zur Konkurrenz umziehen können und anschließend selten einen Grund für eine Rückkehr finden können…

Neobroker sind hoch profitabel:

Auch die deutschen Neobroker zeigen Anfang 2024 nach wie vor ein starkes Kundenwachstum und vereinen zusammen inzwischen mehr als 115 Mrd. EUR Asset under Management sowie mehr als eine halbe Milliarden EUR Umsatz. Traditionelle Banken haben demnach nicht nur bereits über eine halbe Milliarden EUR an Umsatz allein an deutsche Neobroker verloren, sondern schaffen es auch nicht, für diese Kunden ihre Stärken im Cross-Selling zu realisieren.

Trade Republic hat die Profitabilität bei gerade einmal im Schnitt 8.750 EUR AuM pro Kunde geschafft. Andere Neobroker haben hingegen im Schnitt über 30.000 EUR AuM pro Kunde. Diese Zahlen zeigen deutlich, dass das Geschäftsmodell von Trade Republic mit knapp einem Drittel des durchschnittlich AuM pro Kunde bei Neobrokern schon rentabel operieren kann und offenbart die noch offenen Wachstumspotentiale. Insgesamt zeigen Unternehmen wie Trade Republic oder Revolut, insbesondere im Wertpapierbereich, dass Fintech durchaus proftiabel arbeiten kann.

Junge Kundengruppen: Denken traditionelle Banken vielleicht zu kurzfristig?

Schon allein über Websitentraffic lässt sich schnell erkennen, dass bei Neobanken und Neobrokern gut zwei Drittel aller Kunden in die Altersstruktur 18 bis 49 Jahre fallen, Tendenz steigend. Bei Sparkassen, genossenschaftliche Banken sowie Direktbanken ist diese attraktive Kundengruppe stark unterrepräsentiert.

Altersstruktur der Kunden von Neobanken, Neobrokern, Sparkassen, genossenschaftlichen Banken und Direktbanken nach Websitetraffic. Mrz 2024. Quelle: similarweb. digit.cologne

 

Natürlich sind diese Zahlen nicht ohne Einschränkungen zu interpretieren, da die jüngere Generation bspw. tendenziell eher zur App greift. Aber ist die Kundengruppe 60+ gerade im Wertpapiergeschäft nicht als eher kritisch zu sehen? Für diese Kundengruppe steht nicht nur die Vererbung ihres Vermögens auf jüngere Kundengruppen in spätestens 10 bis 15 Jahren an, sondern auch langfristige Investitionen die Provisionsumsätze generieren laufen aus und lassen sich kaum erneuern. Schaffen es traditionelle Banken also nicht die Erbengeneration an sich zu binden, fließt das Kapital der alten Generation spätestens am Stichtag zu Wettbewerbern und Fintechs ab und ist tendenziell nur sehr teuer zurückzugewinnen.

Schaut man gleichermaßen die Geschlechterverteilung an, so stechen lediglich Neobanken mit einer beinahe ausgeglichen Aufteilung zwischen Männern und Frauen hervor. Alle anderen Gruppen bewegen sich nahe einer 2/3 zu 1/3 Verteilung.

Geschlechterstruktur der Kunden von Neobanken, Neobrokern, Sparkassen, genossenschaftlichen Banken und direktbanken nach Websitetraffic. Mrz 2024. Quelle: similarweb. digit.cologne

 

Im Jahr 2022 lag der Anteil an Frauen in Führungsetagen von Banken bei unter 10%. Frauen haben in Deutschland laut dem Global Gender Wealth Equity Report 2022 zwischen 76% und 80% des Vermögens eines Mannes bei Rentenantritt, ihr Bevölkerungsanteil in Deutschland liegt allerdings bei mehr als 50%.

Warum schaffen es Neobanken also sowohl gegenüber traditionellen Banken auch also gegenüber Neobrokern, Frauen deutlich besser als Kundengruppe zu erreichen? Die Sparkassen Finanzgruppe geht das Thema zumindest an und ließ den Sparkassen Innovation HUB die Female-Finance-Studie 2021 erstellen. Diese Studie hebt eine situationsbedingte Analyse für Produkte und Services, eine dedizierte Ansprache in der Vermarktung, dass in den Vordergrundstellen der Sinnhaftigkeit von Themen sowie eine auf das Miteinander ausgerichtete Kommunikation hervor, um Frauen als Kundengruppe besser erreichen zu können. Um Frauen als Kundengruppe besser erreichen zu können ist es demnach nicht nötig, sein Geschäftsmodell vollständig zu verändern oder ein dediziertes Fintech zu gründen.

Unterm Strich bleibt folgendes:

Geschäftsmodelle sowie Produkte von Fintechs – hier von Neobanken und -brokern – sind über die Startup-Phase hinaus, sind erfolgreich und ließen sich von traditionellen Banken adaptieren, doch dazu müsste ein Umdenken stattfinden. Möglicherweise is statt einer prozessorientierten, eine nutzerorientierte Produktentwicklung mit Zukunftsvision hilfreich, da bereits alle technischen Grundvoraussetzungen bei sämtlichen traditionellen Banken vorliegen oder schnell geschaffen werden könnten.

 

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