21. November 2022

Siri, Alexa oder auch der Google Assistant, künstliche Intelligenz hat mittlerweile den selbstverständlichen Einzug in unser Leben erhalten. Immer mehr Firmen und Branchen beschäftigen sich daher mit den Einsatzmöglichkeiten dieser Technologie. Dabei hat jede Branche ihre eigenen Rahmenbedingungen. In diesem Kontext analysiert und bewertet dieser Artikel die Einsatzmöglichkeiten und Herausforderungen speziell für den Bankensektor und leitet daraus Handlungsempfehlungen für die Implementierung einer erfolgreichen KI-Strategie ab.

von Priscilla Höcker

Künstliche Intelligenz (KI) ist bereits in vielen Unternehmen ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsalltags geworden. Die Flut von Daten und Informationen, mit denen wir täglich konfrontiert werden, können mittlerweile durch KI gesteuert werden. Dabei verstehen wir unter KI die unterschiedlichen Verfahren, die durch adaptives Verhalten komplexe Probleme lösen. In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf den aktuellen Stand des Einsatzes von KI als Lösung konkreter Anwendungsprobleme durch Automatisierung von Prozessen im Finanzsektor. Auf diese Weise werden große Datenmengen in einem abgegrenzten Bereich viel schneller und mit weniger Fehlern optimiert und strukturiert. Die Anzahl manueller Prozesse können dadurch gemindert oder sogar vollständig eliminiert werden.
Allerdings sind einige wichtige Rahmenbedingungen zu beachten, damit eine KI im Unternehmen effektiv eingesetzt werden kann. Im Folgenden analysieren wir den aktuellen Stand von KI und beleuchten dabei, worauf es am Ende wirklich ankommt, um erfolgreich zu sein.

Aktueller Einsatz von KI im Finanzsektor 

Im Vergleich zu anderen Branchen wie bspw. dem Einzelhandel, wo durch KI personalisierte Produktempfehlungen abgegeben werden oder der Automobilindustrie und dem Maschinenbau, wo KI weitestgehend in der Produktion eingesetzt wird, ist der Finanzsektor in KI-Themen nicht zuletzt aufgrund gesetzlicher Vorgaben eher behutsam unterwegs. Die voraussichtlich größte rechtliche Schwierigkeit liegt in der oft mangelnden Nachvollziehbarkeit der KI-Verfahren für den Endkunden. Die neue Datenschutzgrundverordnung rückt diesen Aspekt noch einmal mehr in den Vordergrund. Laut dieser haben Verbraucher das Recht zu erfahren, wie ein automatisiert erstelltes Resultat zustande gekommen ist. Doch die Ergebnisse einiger KI-Algorithmen sind oft selbst für Experten nicht hinreichend nachvollziehbar. Wie genau ein Ergebnis zustande gekommen ist, lässt sich oft schwer oder gar nicht feststellen. Nichtsdestotrotz gibt es einige Unternehmensbereiche, die bei Banken und Finanzdienstleister durch KI-Technologien unterstützt werden. So sind Maßnahmen zur Betrugsprävention wie bspw. in der Geldwäschebekämpfung mittels automatisierter Erkennung ungewöhnlicher und komplexer Transaktionen ein bereits seit Jahren etabliertes Einsatzgebiet. Um den Spagat zwischen schneller Zahlungsabwicklung und transparenter sowie sicherer Übermittlung von Geldmengen zu gewährleisten, kann KI zielgerichtet unterstützen. Ein weiteres Beispiel für einen KI-Einsatz findet sich in der Risikoprüfung. Ausfallrisiken auf Kundenseite können durch Ermittlung von KI-unterstützten Kredit-Scorings eingeschätzt werden. Dabei kommt es für Finanzinstitute darauf an, die Bonität der Kunden möglichst exakt einzuschätzen und das Kreditausfallrisiko zu minimieren. Dabei werden nicht wie zuvor üblich definierte Kriterien manuell, sondern durch Algorithmen abgefragt, die kontinuierlich Merkmale von kredit- und versicherungswürdiger Antragssteller überprüfen.

Eines der Ziele des Einsatzes von KI ist die Steigerung der Effizienz und damit verbunden die Erreichung von Kostenersparnissen. Einspar- und Optimierungspotenziale finden sich bei Banken häufig im Backoffice, wo erfahrungsgemäß eine hohe Anzahl manueller Prozesse vorhanden sind. Daher ist insbesondere die Automatisierung von im Backoffice angesiedelten Kundenprozessen empfehlenswert, da diese vorwiegend detailliert dokumentiert und dadurch wenig abstrakt sind. So kann eine KI bei der Kontoeröffnung eingesetzt werden und z.B. fehlende Dokumente anfordern oder Angaben automatisiert überprüfen. Auch bei Kündigung eines Vertrags durch den Kunden können die Folgeprozesse bereits heute durch eine KI vollständig übernommen werden.

Hindernisse bei der Umsetzung von KI 

Um das Potenzial von KI auch voll ausschöpfen zu können, ist vor allem eines unabdingbar: Daten. Ein KI-gesteuerter Vertrieb führt zu einer intelligenteren Ansprache, indem Content-Analytics und Daten aus anderen Systemen in intelligente Resultate und Empfehlungen verarbeitet werden. Wie Studien von PwC1Quelle: PwC Studie „How mature is AI adoption in financial services? aufzeigen, ist genau der Mangel an diesen verfügbaren Daten sowie die Datenqualität das Haupthindernis für eine KI-Umsetzung (siehe auch nachfolgende Abbildung) . Allerdings sind mangelnde Daten nicht das einzige Hindernis auf dem Weg zu einer effektiven KI. Auch haben die Institute mit Budgetrestriktionen und fehlender oder unzureichender Projektfinanzierung zu kämpfen. Als weiterer Punkt wird oft fehlendes KnowHow der Mitarbeiter genannt. Insbesondere die ungenügende Datenanalysekenntnisse stellt für die Finanzbranche eine hohe Herausforderung dar.

Wie schon bereits angedeutet, ist ein weiterer wichtiger Aspekt das Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes bzw. der DSGVO, da im Finanzsektor zum größten Teil mit den Daten des Endkunden gearbeitet wird. Dazu gesellt sich der aktuell debattierte Vorschlag der EU, nach dem KI-Verfahren in Zukunft risikobasiert reguliert werden sollen. Dieser sieht eine Klassifizierung von KI-Anwendungen in verschiedene Risikoklassen vor und führt bei Hochrisikoanwendungen zu einer starken Regulierung und bei Anwendungen mit unkalkulierbarem Risiko zu gänzlichem Verbot. Social Scoring und Massenüberwachung fallen z.B. in diese Kategorie. Während es bei diesen dystopischen Anwendungsfällen relativ leichtfällt, solche Verbote nachzuvollziehen, wird es vermutlich bei anderen KI-Anwendungen im Finanzsektor Diskussionen über die Einordnung geben, z.B. bei KI-Lösungen für die Kreditwürdigkeitsprüfung und Kreditpunktebewertung natürlicher Personen.

Ausblick 

Während die gezielte Datenverarbeitung bei FinTechs bereits zum Kern des Geschäftsmodells gehört, stehen traditionelle Institute unter einem hohen Digitalisierungsdruck und Nachholbedarf im technologischen Sektor. Durch unsere Expertise und Erfahrung in Projekten empfehlen wir für eine erfolgreiche Implementierung von KI folgende Aspekte zu berücksichtigen: 

  • Strukturiertes Datenmanagement: Banken haben oft gewachsene Datenstrukturen. Diese gilt es aufzubrechen und zielgerichtet neue Strukturen aufzubauen. 
     
  • Einordnung von rechtlichen Rahmenbedingungen: Das Umsetzen von rechtlichen Rahmenbedingungen versteht sich von selbst. Allerdings bieten sich in Regulierungen oft auch Chancen (vgl. PSD II). Diese gilt es zu finden und im Sinne des Unternehmens zu nutzen. 
     
  • Mitarbeiterqualifikation: Mitarbeiter müssen im Bereich Data Science und KI geeignet qualifiziert und weitergebildet werden. Wichtig dabei ist das Einnehmen neuer Perspektiven, um neue Möglichkeiten der Dataanalyse und -verwendung zu finden. 
     
  • Technologie-Sensibilisierung: Maßnahmen zum Aufbau von Vertrauen in die KI-Technologie sowie hinreichende Kommunikation durch das Management müssen aufgebaut werden. Nur so können auch die benötigten Budgets für die Umsetzung freigegeben werden.

Diese Aspekte garantieren noch keinen Erfolg, verbessern aber erheblich die Chancen auf eine Implementierung effektiver KI-Lösungen.

Quellenverzeichnis
  • 1
    Quelle: PwC Studie „How mature is AI adoption in financial services?

Autoreninfo

Priscilla Höcker

Beraterin bei der digit.cologne GmbH mit mehrjähriger Erfahrung in agilen und klassischen IT-Großprojekten. Der Fokus der Wirtschaftswissenschaftlerin liegt in der Digitalisierung des Finanzsektors mit Schwerpunkten in den Bereichen digitale Transformation, Automatisierung, Testmanagement sowie Projektmanagement.

Artikel teilen:

kontakt

Bleiben Sie informiert...

...und abonnieren Sie unseren Newsletter "Perspektivenwechsel". Sie erhalten quartalsweise unsere Analysen, Berichte und Studien zu Themen rund um die Digitalisierung der Finanzdienstleistungsbranche.