14. März 2023

Kaum ein Technologiethema trendet momentan mehr als der produktive Einsatz von künstlicher Intelligenz, ChatGPT und Microsofts KI-gestützten Suchassistent. Doch was bedeutet das für die Arbeitswelt und vor allem die Fähigkeiten, die Mitarbeitende in Zukunft benötigen?

von Priscilla Höcker

Die Digitalisierung hat einen wesentlichen Einfluss auf unser Leben genommen. So auch in der Arbeitswelt, die durch Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) zur Veränderung von Arbeitsweisen und Abläufen geführt hat. Dieser Einfluss bringt allerdings auch einige Herausforderungen mit sich. Wie kann z.B. sichergestellt werden, dass beim Einsatz von KI-Systemen im Bewerbungsprozess keine potenziell geeignete Kandidaten aussortiert werden? Auch ist, nach Angabe vieler Unternehmen, die Umsetzung von KI mit hohen Entwicklungs- und Implementierungskosten verbunden, die bei ungenügenden Mitarbeiter-Kompetenzen umso höher ausfallen können. Generell besteht das Risiko durch fehlende Kenntnisse die KI nicht optimal zu nutzen bzw. ihre Ergebnisse falsch oder nicht interpretieren zu können. Eine weitere Herausforderung besteht in der Akzeptanz von KI im Unternehmen und vor allem bei Mitarbeitern. Ein KI-System allein kann nicht ohne den Menschen genutzt werden, sie muss als verlängerter Arm und nicht als Ersatz gesehen werden. Daher ist die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine sehr bedeutend und eine stetige Weiterentwicklung des Zusammenspiels wichtig. Bestehende Tätigkeiten und Jobs verändern sich und benötigen diverse neue Kompetenzen, die kontinuierlich und flexibel weiterentwickelt werden müssen. In diesem Kontext analysiert der folgende Artikel den Prozess der Kompetenzentwicklung und leitet daraus Kompetenzen ab, die im Umgang mit KI zukünftig erforderlich werden und die bestehenden Herausforderungen minimieren können.

Erforderliche Kompetenzen für die Nutzung von KI

Um das Potenzial von KI voll ausschöpfen zu können und große Datenmengen in kurzer Zeit zu verarbeiten, ist das Zusammenspiel von KI und menschlicher Expertise notwendig. Dadurch können Arbeitsabläufe optimiert werden und Mitarbeitern wird die Möglichkeit gegeben, sich auf wichtigere Aufgaben zu konzentrieren. Wichtig ist es zu kommunizieren, dass KI den Menschen bei routinierten, wiederkehrenden Tätigkeiten ersetzt und ihm bei seiner Arbeit unterstützen und ergänzen soll. Hierfür muss eine Lernkultur geschaffen werden, die Qualifizierungsmaßnahmen trägt. Eine Mitarbeiterin des Controllings bspw. wird in Zukunft weniger Fachwissen für die Budgetverwaltung benötigen, da diese operativen Aufgaben künftig durch ein KI-System übernommen werden. Um zu begreifen, was unter KI zu verstehen ist und was man von ihr erwarten kann (und was nicht), ist es notwendig zunächst als Basis ein Grundverständnis für die Funktionsweise von KI-Systemen zu schaffen. Die öffentliche Diskussion um ChatGPT, dem aktuell am meisten gehypte KI-System, zeigt eine solche Notwendigkeit ganz gut.

Welche konkreten Kompetenzen im Rahmen der KI-Transformation allerdings relevant sind, ist auch abhängig von den Unternehmenszielen und der jeweiligen Rolle des Mitarbeiters. Die erforderlichen Kompetenzen können in drei Kategorien unterteilt werden1Quelle: Whitepaper „Kompetenzentwicklung für KI, Veränderungen, Bedarfe und Handlungsoptionen“ :

  1. Grundwissen zu KI, um diese verstehen zu können: beinhaltet die inhaltlich-fachlichen Anforderungen, um eine Tätigkeit ausüben zu können sowie die digitalen Anforderungen, die sich durch die KI selbst ergeben, wie bspw. Maschinelles Lernen.
  2. Umgang mit KI-Systemen, um KI bedienen zu können: um die verändernde Arbeitsteilung zwischen Mensch und System verstehen und gestalten zu können und in dieser Arbeitsteilung auch agieren zu können. Dies beinhaltet neben Mensch-Maschine Kompetenzen (MMI) wie z.B. der Umgang mit Daten, Anwendungs- und Interaktionswissen mit Technologien, Reflexion und Legitimität von Entscheidungen auch persönliche Metakompetenzen wie z.B. Lernfähigkeit, Agilität, Flexibilität. Für die Entwicklung der KI-Systeme sind zudem Prozess- und Systemkompetenzen sowie Lösungskompetenzen notwendig. Beispiele sind hier Fähigkeiten im Projektmanagement, logisches Denken, Analysefähigkeit.
  3. Gestaltung des Kontextes der KI-Systeme, um Arbeitsprozesse durchführen zu können und KI in der täglichen Arbeit zu integrieren, zu lenken und zu akzeptieren. Dafür sind strategische Kompetenzen notwendig wie bspw. Entscheidungsfähigkeit, Flexibilität, Anpassungsfähigkeit sowie Selbstkompetenzen wie Eigenverantwortung, Selbstorganisation und der Wille den Umgang mit KI zu erlernen.
Die drei entscheidenden Kompetenzfaktoren für einen erfolgreichen Umgang mit KI
Abbildung 1: Die drei entscheidenden Kompetenzfaktoren für einen erfolgreichen Umgang mit KI (eigene Darstellung)

Da die Aufgaben im Bereich der KI nicht nur auf die IT begrenzt sind, sollten Mitarbeiter über weitreichende und interdisziplinäre Kenntnisse verfügen wie bspw. das Erstellen von Business Cases oder Data Storytelling (bspw. Spotify).2Analyse von Daten und deren Umwandlung in einfachen Worten zur Unterstützung von Entscheidungen Zudem sind politische/rechtliche Rahmenbedingungen wie bspw. die EU Verordnung zur KI-Regulierung 3S. Blogbeitrag „Verordnung der EU zur risikobasierten Regulierung von KI: Chance oder Hindernis?“ wichtig, um die Innovationsfähigkeit zu fördern aber auch die Risiken der KI (Bsp. Social Profiling, Datenschutz) abzufangen. Auch sind Entscheidungs- und Kommunikationsfähigkeiten wichtig, um die Ergebnisse des KI-Systems bewerten und an das Management kommunizieren zu können. Um eine Bewertung vornehmen zu können ist es wiederum wichtig, die Systeme überhaupt zu verstehen.

Faktoren die Einfluss auf die Kompetenzentwicklung nehmen

Wie stark die jeweiligen Kompetenzen ausgeprägt sein müssen, hängt von der jeweiligen Rolle des Mitarbeiters ab und kann durch Unterscheidung in verschiedenen Kompetenzstufen definiert werden. Wichtig für die Entwicklung der Kompetenzen ist die Betrachtung des Unternehmenskontextes und der Faktoren die darauf Einfluss ausüben4Quelle: Draft Program (muenchner-kreis.de). Zu diesen Faktoren gehören folgende Aspekte, die das Arbeitsumfeld prägen: Definition von Weiterbildungsmaßnahmen, Unternehmenskultur, Rahmenbedingungen/Politik, HR, Plattform/Vernetzung, Technologien, Organisation und Führung. Es müssen geeignete Technologien der Wissensvermittlung wie Virtual Reality, Möglichkeiten zur Sammlung von Erfahrungen sowie eine Führungsstruktur etabliert werden, die es den Beschäftigten ermöglicht, den Wandel in ihrem Unternehmen mitzugestalten, um eine positive Einstellung und Akzeptanz gegenüber KI zu bekommen. So können z.B. auch Large Language Models wie ChatGPT per API in vorhandene Lernmanagementsysteme integriert werden, um Kurse, Lernvideos und Lehr- und Lernpläne für Mitarbeiter zu entwickeln. Durch die kontinuierliche Generierung von Daten können Lernstrategien für die Weiterbildung erzeugt und aus den Ergebnissen der Mitarbeiter abgeleitet werden, welche Kompetenzen für ihre Rolle noch fehlen oder verbessert werden können5 Quelle: Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT in HR | Personal | Haufe. Wie bei jeder Kompetenzentwicklung ist es auch im Bereich der KI wichtig, dass das Unternehmen neben der Vermittlung des theoretischen Wissens auch das Anwenden des Gelernten ermöglicht. Neben der Bereitstellung der Weiterbildungsmaßnahmen durch das Unternehmen ist auch die Eigenverantwortung des Mitarbeiters, der selbstverantwortliche Kompetenzerwerb, essenziell. Einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung dieser Eigenverantwortung hat die Ausgestaltung von Organisations- und Führungsstrukturen. Diese dürfen nicht in starre und hierarchisch geprägte Organisations- und Führungsstrukturen münden, sondern müssen flexibel vernetzt sein, mit Raum für Selbstgestaltung des Mitarbeiters.

Fazit

Aufgrund der stetigen Weiterentwicklung der digitalen Arbeitswelt ist es erforderlich, neue und bestehende Kompetenzen aufzubauen und zu verändern. Bei dieser Entwicklung spielen die Kontextfaktoren eine besondere Rolle. Diese können den Prozess der Kompetenzentwicklung fördern oder hindern. Für eine erfolgreiche Nutzung von KI müssen daher die erforderlichen Kompetenzen regelmäßig, mit Berücksichtigung der jeweiligen Rolle des Mitarbeiters, einer Prüfung unterzogen werden. So kann u.a. eine inhaltlich abgestimmte Anpassung der erforderlichen Maßnahmen vorgenommen werden.

Quellenverzeichnis
  • 1
    Quelle: Whitepaper „Kompetenzentwicklung für KI, Veränderungen, Bedarfe und Handlungsoptionen“
  • 2
    Analyse von Daten und deren Umwandlung in einfachen Worten zur Unterstützung von Entscheidungen
  • 3
    S. Blogbeitrag „Verordnung der EU zur risikobasierten Regulierung von KI: Chance oder Hindernis?“
  • 4
    Quelle: Draft Program (muenchner-kreis.de)
  • 5

Autoreninfo

Priscilla Höcker

Beraterin bei der digit.cologne GmbH mit mehrjähriger Erfahrung in agilen und klassischen IT-Großprojekten. Der Fokus der Wirtschaftswissenschaftlerin liegt in der Digitalisierung des Finanzsektors mit Schwerpunkten in den Bereichen digitale Transformation, Automatisierung, Testmanagement sowie Projektmanagement.

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