10. August 2023

Erfahren Sie in unserer Analyse wie es um den Status quo der digitalen Depoteröffnung im Privatkundengeschäft 2023 bestellt ist.

von Tobias Ehret

Erfolgsfaktoren für das Depot-Onboarding
  1. Direkt zum Ziel: Der Online-Abschluss muss direkt erreichbar, Antrags-strecken müssen kurz sein. Viele Anbieter nutzen Depots noch nicht zur Neukundengewinnung und bieten daher nur Depoteröffnungen für Bestandskunden an. Die junge Zielgruppe erwartet eine Depoteröffnung per App.
  2. Hürden vermeiden: Auch bei Depots ist ein hoher Automatisierungsgrad (z.B. durch Ident-Verfahren) wichtig, um Prozesskosten zu sparen und Kunden direkten Zugang zur ersten Order zu gewähren.
  3. aktive Depots zählen: Anbieter verdienen vor allem an Ordergebühren und Bestandsprovisionen, daher ist eine aktive Nutzung des Depots entscheidend. Zur Kundenaktivierung können Tipps, Podcasts, Zinsen auf das Verrechnungskonto oder Depotwechsel dienen.  
1. Direkt zum Ziel
Erreichbarkeit der Antragsstrecke

Im Web ist das nächste Depot stets eine Adressfeldeingabe entfernt. Daher ist es entscheidend, die Auffindbarkeit und schnelle Erreichbarkeit der Antragsstrecke zu optimieren. Interessenten müssen bei Geschäftsbanken mit durchschnittlich 2,8 Klicks doppelt so oft klicken wie bei Neobrokern, bei Direktbanken/-brokern sind 2,6 Klicks bis zum Online-Abschluss erforderlich.

Online-Eröffnung für Neukunden & Bestandskunden  

In Abhängigkeit zum Geschäftsmodell werden Depots für Neukunden oder als Cross-Selling-Produkt assoziiert zum Girokonto vermarktet und verkauft. Drei Banken bieten nur Bestandskunden eine digitale Depoteröffnung an, Neobroker bieten ausschließlich Depots für Neukunden an.

Depoteröffnung in der App

Alle Neobroker bieten eine Depoteröffnung in der App an und adressieren die junge Zielgruppe. Geschäfts- und Direktbanken/-broker überlassen diese strategisch relevante Zielgruppe dem Wettbewerb. Nur jede(r) vierte Direktbank/ -broker adressiert junge Kunden, keine Geschäftsbank bietet eine Depoteröffnung in der App an.

Anzahl erforderlicher Angaben  

Wenig verwunderlich versuchen Neobroker die Anzahl der Eingaben so gering wie möglich zu halten, um die Konversion nicht unnötig zu gefährden. Bei Neobrokern sind durchschnittlich 17 Angaben erforderlich, während bei Direktbanken/-brokern 20 Angaben und bei Geschäftsbanken mit 24 Angaben die meisten Kundeneingaben erforderlich sind.

2. Hürden vermeiden
Bedienkomfort Adresscheck

Valide Adressen werden für die Depoteröffnung benötigt, ein Adresscheck sichert valide Adressen und erleichtert die Kundeneingabe. Nur 2 von 3 Neobrokern bieten einen Adresscheck und riskieren manuelle Nacharbeiten, sogar nur jede fünfte Direktbank, jeder fünfte Direktbroker bietet einen Adresscheck an, wobei alle Geschäftsbanken (mit Neukundenangebot) auf einen Adresscheck setzen.

Bedienkomfort Legitimation

Für eine digitale Depoteröffnung ist eine Fernidentifikation erforderlich. Bei den betrachteten Anbietern werden Video-, Postident und e-ID angeboten. Die meisten Anbieter (neun) bieten Video- und Postident an, nur drei Anbieter bieten alle drei gängigen Verfahren an und nur ein Anbieter setzt exklusiv auf Videoident.

Dauer bis zur Depotnutzung

Für viele Kunden ist neben der Dauer des Antragsprozesses vor allem entscheidend ab wann das Depot für den ersten Trade zur Verfügung steht. Die Dauer des Eröffnungsprozesses ist vor allem vom Digitalisierungsgrad (u.a. Ident-Verfahren) sowie von der Depotverwaltung (externe Depotbank) abhängig.

3. aktive Depots zählen
Ordergebühren – ETF-Sparpläne

ETFs und ETF-Sparpläne werden insbesondere als Einstiegsprodukte und von jungen Anlegern nachgefragt. Günstige Gebühren können dazu führen, dass neu eröffnete Depots aktiv genutzt werden. Alle Neobroker bieten kostenlose Sparplanausführung an, Direktbroker sehen durchschnittlich Gebühren zwischen 0,82 EUR und 9,64 EUR je Sparplanausführung vor und bei Geschäftsbanken fallen sogar Gebühren zwischen 1,15 EUR und 20,15 EUR an.

Ausführung – ETF-Sparpläne

Selten waren die Börsen so volatil wie 2023. Kurze Ausführungsintervalle können bei häufigen und starken Kursschwankungen vorteilhaft für Anleger sein. Derzeit bietet nur ein Anbieter eine wöchentliche Sparplan-Ausführung.

Edukation – Trading -Tipps oder Podcasts

Finanz-Edukation befähigt Kunden eigene Kauf- und Verkaufsentscheidungen zu treffen. Durch Finanzbildungsangebote gewinnen Nutzer Vertrauen Entscheidungen selbst treffen zu können und ordern häufiger. Über alle Anbietergruppen hinweg haben sich vor allem Trading-Tipps und Podcasts/Webinare etabliert. Fast 60% der Anbieter stellen Trading-Tipps zur Verfügung, etwas mehr als die Hälfte der Anbieter bietet ihren Kunden Podcasts und/oder Webinare.

Zinsen Verrechnungskonto und Einzahlungen

Die steigenden Zinsen werden unterschiedlich eingesetzt: Zur Gewinnung neuer Kunden, aber auch zur Aktivierung von Depots und Steigerung der Orderanzahl. Am Markt werden zudem verschiedene und komfortable Services zur Einzahlung auf das Verrechnungskonto und als Disposition für Sparpläne angeboten. Neobroker bieten Zinsen auf das Verrechnungskonto für Neu- und Bestandskunden an, der Fokus scheint auf der Steigerung der Orderanzahl zu liegen. Die Direktbroker und Geschäftsbanken nutzen Zinsangebote traditioneller und vorrangig zur Gewinnung neuer Kunden.

Freundschaftswerbung und Depotübertrag

Zufriedene Kunden empfehlen weiter und werben dadurch neue Kunden. Mit einem Depotübertrag können Bestandsprovisionen erzielt und aktive Trader/Depots gewonnen werden. Fast zwei Drittel der Anbieter setzen auf Freundschaftswerbung und belohnen eine Weiterempfehlung. Weniger als die Hälfte der Anbieter ermöglichen einen digitalen Depotwechsel, in Kooperation mit einem FinTech oder mittels einer eigenentwickelten Lösung. 9 Anbieter, unter ihnen auch Neobroker, bieten nur ein beschreibbares PDF oder einen persönlichen Depotwechsel unterstützt durch einen Bankberater.

Fazit
  • Neobroker: Klarer Produktfokus (Einstiegsprodukte) und günstige Gebührenstruktur, hoher Digitalisierungsgrad gepaart mit guter UX (u.a. Adressierung junger Zielkunden). Allerdings noch nicht alle relevanten Funktionen digital verfügbar (z.B. Depotwechsel) und Nachteile bei der Eröffnungsdauer wg. Zusammenarbeit mit Depotbanken.
  • Direktbanken/-broker: Gewachsenes Produktangebot, kein klarer Zielkundenfokus mehr. Hoher Digitalisierungsgrad, u.a. durch Fintech-Kooperationen für digitalen Depotwechsel. Im Vergleich zu Neobrokern weniger innovativ (Einzahlungen), aber mit Preisvorteilen gegenüber Geschäftsbanken. Schnelle Depotnutzung wirkt zudem differenzierend gegenüber Neobrokern.
  • Geschäftsbanken: Vollbanken mit breitem Produktsortiment, kein Fokus auf Einstiegsprodukte und entsprechende Gebührenstruktur. Geringster Digitalisierungsgrad, teilweise nur digitale Depoteröffnung für Bestandskunden. Größtes Potenzial wg. identifiziertem Aufholbedarf, aktivierbaren Bestandskunden und schneller Depotnutzung durch eigene Depotverwaltung.  


betrachtete Anbieter: Trade Republic, DKB, Targobank, Consorsbank, Scalable Capital, ING DiBa, Finanzen.net zero, Sparkasse Köln Bonn, Volksbank Köln Bonn, Flatex, Onvista Bank, 1822 direkt, Comdirect, Smartbroker, Deutsche Bank maxblue, Postbank, Hypovereinsbank

Autoreninfo

Tobias Ehret

Geschäftsführer der digit.cologne GmbH. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Digitalisierung von Kundenprozessen, digitaler (datengetriebener) Vertrieb sowie digitale Transformation (IT Zusammenarbeitsmodelle).

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